FreibergAktuelles

Liebe Amphibienfreunde

Zwischendurch ein herzlicher Dank allen Beteiligten an unseren Amphibienleiteinrichtungen!

Krötenzaunaufbau in Mönchenfrei mit zahlreichen Helfern – Foto: Christian Zänker
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Krötenzaunaufbau in Mönchenfrei mit zahlreichen Helfern – Foto: Christian Zänker

Ein wesentlicher Schwerpunkt der praktischen Naturschutzarbeit war schon immer der Amphibienschutz. Diesen haben sich in der Freiberger Region seit 100 Jahren Feldherpetologen, Biologen und Beamte auf die Fahnen geschrieben. Dabei gab es beachtliche Erfolge, aber auch herbe Niederlagen. Essenziell ist ständig aktiv zu bleiben und den Mut nicht zu verlieren. Wie in anderen Regionen auch, steht und fällt die Naturschutzarbeit mit einer Handvoll Aktiver. Die Kommunikation untereinander war und ist ein bedeutender Faktor. Auf unserer Internetseite und der eingerichteten Whatsapp-Gruppe versuchen wir dem Rechnung zu tragen.

Für ein besseres Verständnis zu Sinn und Zweck der Amphibienleiteinrichtungen dienen folgende Ausführungen:

Das wichtigste am Amphibienschutz und das erste mit dem sich Jeder beschäftigen sollte, ist Fachkenntnis! Nur wer die einzelnen Arten sicher bestimmen kann, ihre Bedürfnisse und ihren Lebensraum kennt, kann sie auch erfolgreich schützen. Dieses bezeichnet man wie in anderen Bereichen auch als Forschung. Ohne dieses „Verstehen“ bleibt jede Schutzmaßnahme erfolglos! Die Kenntnis über unsere heimische Lurch- und Reptilienfauna ist je nach Person natürlich völlig unterschiedlich. Während Einige nur zwischen Frosch und Kröte unterscheiden, sind Andere anerkannte Spezialisten. Jeder ist einem ständigen Lernprozess unterworfen, der Laie genauso wie der Spezialist. Hierbei ist sowohl der Laie, als auch der Spezialist Lehrer und Schüler zugleich. Die Bereitwilligkeit zum Lernen, neue Aspekte in die persönliche Betrachtungsweise einzubeziehen und diese auch zu akzeptieren fällt dem Einzelnen unterschiedlich schwer. Neue Aspekte beherrschen unseren Alltag jedoch auf Schritt und Tritt. Ein Denken „...So haben wir das doch schon immer gemacht!…“, endet meist mit Stagnation. Dieser Stillstand bedeutet dann stets das Aus jeder Maßnahme. Von außen betrachtet werden Fehler schnell erkannt. Sich selbst einzuräumen, dass man 20 Jahre etwas gemacht hat, welches sich im Nachhinein als falsch erwiesen hat, ist natürlich nicht leicht.

Der Auf- und Abbau, die Betreuung und der zeitliche Ablauf unserer Amphibienleiteinrichtungen um Freiberg war und wird auch nie fehlerfrei bleiben. Der Kontakt mit anderen Zaunbetreuern in verschiedenen Regionen Deutschlands zeigt auch dort ähnliche Probleme. Amphibienleiteinrichtungen werden umgangssprachlich auch „Krötenzäune“ bezeichnet. Diese sind eigentlich nur vorübergehende Schutzmaßnahmen. Das Ziel des Amphibienschutzes besteht darin, bekannte Gefahrenquellen auf Dauer zu minimieren, im besten Fall vollständig zu beseitigen. Die konkrete Gefahr des Verkehrstod von Amphibien auf den Straßen kann nur durch eine stationäre Amphibienleiteinrichtung verhindert werden. Das Beispiel Amphibienzaun Kleinwaltersdorf zeigt eindrucksvoll, wie seit 1997 kontinuierlich die Zahl der Erdkröten auf heute fast Null herunterging. Die alleinige Beschränkung des Amphibienschutzes dort auf den Schutz zur Hinwanderung genügt nicht um eine Population auf Dauer zu erhalten. Schon ein Zaun zur Rückwanderung würde den Negativtrend sichtlich verlangsamen. Gerade Amphibien sind ein Paradebeispiel von Komplexbiotopbewohnern. Deshalb muss sich der Schutz dieser auch auf Land- und Wasserlebensraum konzentrieren!

Die als Krötenzäune bezeichneten Anlagen schützen nicht nur die Erdkröte, sondern alle Amphibien und Reptilien im Gebiet. Diese haben meist ein völlig unterschiedliches Wanderverhalten. In einem „normalen“ Frühjahr beginnt die Laichwanderung beim zeitgleichen Einsetzen von Regen und ansteigenden Temperaturen. Die Nächte müssen frostfrei sein. Frühlaicher wie Grasfrosch, Moorfrosch und Springfrosch sind die Ersten. Darauf folgen, auch mitunter zeitgleich, die Molcharten. Spätlaicher, wie die Grünfrösche oder die Kreuzkröte wandern mehrere Wochen später. Der Freiberger Raum befindet sich im Übergang vom Hügelland zum Bergland. Das Zusammentreffen von Arten aus beiden Höhenstufen müsste auch aktuell eigentlich zu den höchsten Artenzahlen an Amphibien führen. Da aber viele Einflussfaktoren, insbesondere die intensive Land- und Forstwirtschaft, eine Rolle spielen, finden sich hier weniger Arten. Deshalb finden wir auch an unseren Krötenzäunen nur wenige Arten.

Ein weiterer negativer Faktor, welcher sich gerade in den letzten Jahren zeigte, ist die Klimaerwärmung. Dadurch zeigt das normale Wander- und Laichgeschehen unserer Lurche völlig atypisch. Der Grasfrosch hat beispielsweise jetzt fast immer zwei Laichperioden. In diesem Jahr wurde die Wanderperiode durch mehrere Frostnächte immer wieder unterbrochen. Sobald die Frostfrei sind wandern die Amphibien wieder.

Erdkröten-Männchen (Zaunkontrolle Mönchenfrei) – Foto: Annekathrin Sobota
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Erdkröten-Männchen (Zaunkontrolle Mönchenfrei) – Foto: Annekathrin Sobota

Bei vielen Arten wandern zuerst die Männchen an. Die Weibchen folgen zeitverzögert. Durch den Wechsel von Wanderwetter und ungünstigen Perioden sind die Weibchen der Erdkröte erst am 13.4. verstärkt angewandert. In den einzelnen Populationen ist außerdem das Landhabitat vom Laichgewässer unterschiedlich weit entfernt. Bei dieser Art sind die weitesten Wanderungen von allen Amphibienarten bekannt. Diese können bis 5 km betragen! Dadurch kommen dieses Jahr mehrere Wellen an unseren Zäunen an. Durch den deutliche Bestandsrückgang seit den 1970er Jahren sind auch nicht mehr die damaligen Massenwanderungen zehntausender Erdkröten zu beobachten.

Teichmolch-Weibchen – Foto: Annekathrin Sobota
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Teichmolch-Weibchen – Foto: Annekathrin Sobota

Ein weiteres Beispiel unterschiedlichen Wanderverhaltens zeigen unsere Molche. Jede Art hat ein unterschiedliches Zeitfenster ihrer Hauptwanderzeit. Das weiteste hat der Teichmolch, das engste der Nördliche Kammmolch. So findet sich der Bergmolch am Amphibienzaun in Mönchenfrei von Anfang bis Ende der Wanderzeit auf dem gesamten Straßenabschnitt der Freistraße. Der Nördliche Kammmolch hatte dieses Jahr am 15.04. einen Höhepunkt und dort nur auf etwa 50m!

Dieses Wanderverhalten muss an unseren Zäunen ebenso Berücksichtigung finden, wie die Kletterfähigkeit der Molche. In den vergangenen Jahren wurde in die Fangeimer Stöcke gestellt, um darin gefallenen Mäusen das Herausklettern zu erleichtern. Dadurch klettern aber unzählige Molche heraus, über den Zaun und wurden schließlich überfahren. Das Ziel der Verhinderung des Verkehrstodes wurde damit verfehlt.

Laufkäfer als Fressfeinde der Amphibien – Foto: Annekathrin Sobota
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Laufkäfer als Fressfeinde der Amphibien – Foto: Annekathrin Sobota

In den Eimern fangen sich immer wieder Mäuse, Spitzmäuse, Laufkäfer und andere Arten. So ist es nicht zu vermeiden, dass Laufkäfer und Spitzmäuse auch Amphibien anfressen oder töten. Auch bei diesen Arten kommt es gelegentlich selbst zum Tod in den Fangeimern. Dieses steht aber im Vergleich der geretteten Amphibien in keinem Verhältnis. An der Zaunanlage am Pulvermühlenweg kam es in diesem Jahr zu einem verstärkten Auftreten der Kahlrückigen Waldameise. Diese nutzt alle Tierarten in ihrem Umfeld als Nahrungsquelle. Durch ein Deaktivieren der befallenen Eimer wird diese zwar verhindert. Die wandernden Amphibien werden aber auch nicht gefangen, umlaufen den Zaun und werden überfahren. Eine Möglichkeit kurzfristigen Eingreifen wäre in die befallenen Eimer Wasser zu gießen. Dadurch werden diese von den Ameisen nicht mehr zur Nahrungssuche genutzt.

Für nächstes Jahr sollten wir aber einiges grundlegend an den Zäunen verändern. Der Zaun in Kleinwaltersdorf ist aufgrund der dort wenigen Nachweise in Frage zu stellen. Eine genaue Analyse der Laichgewässer, der Landhabitate und negativen Einflussgrößen wird dieses Jahr noch untersucht. Der Zaun am Pulvermühlenweg wird nächstes Jahr, wie die anderen auch an der Straße aufgestellt. Dadurch ist der Aufbau wesentlich erleichtert und die Waldameisen konzentrieren sich nicht mehr so stark am Zaun. Die Zahl der Fangeimer muss dort erhöht werden. Am Pulvermühlenweg und in Mönchenfrei wird der Zaun deutlich verlängert. Eine genaue Auswertung der Frühjahrswanderungen unserer Amphibien, welche unter anderem in Mönchenfrei noch nicht abgeschlossen ist, folgt demnächst.



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